Von den rund 3 Millionen Einwohnern der Mongolei lebt nur ein kleiner Teil ausserhalb der Städte. Dies trifft auch auf die beiden Aimags «Khovd» und «Gobi Altai» zu, in denen das Schutzgebiet der Great Gobi B liegt. Die meisten Nicht-Städter führen dort ein traditionelles Nomadenleben.
Nomaden suchen im Jahresverlauf mit ihren Herden (meist Schafe und Ziegen) die bestmöglichen Weidegründe auf. Die Kriterien für die saisonalen Wanderungen sind: reiche Vegetation, wenig Schnee im Winter und Frühling, Wasserquellen und kühle, moskitoarme Gegenden im Hochsommer. Die Wandertätigkeit in der Gobi B erreicht im Frühling (April-Juni) ihren Höhepunkt und beschränkt sich auf zwei Nord-Süd-Achsen, die die Gebirgsregionen der mongolisch-chinesischen Grenze mit denjenigen des Altaigebirges im Norden verbinden.
Nomaden haben eine enge Beziehung zu Pferden. Dies zeigt sich auch an den traditionellen mongolischen Naadam-Feiern, wo Pferderennen gemeinsam mit dem Ringkampf und Bogenschiessen die wichtigsten Aktivitäten sind.
Zu Naadam wie auch zu Tsagaan sar (mongolisches Neujahr) treffen sich die Familien. Es werden Festessen (Buuds, Airag, Khorkhog) aufgetragen, Spiele (Schagai) gespielt und zur traditionellen Pferdekopfgeige gesungen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass mehr als 80% der lokalen Nomaden zwischen 75 und 100% ihres Einkommens aus der Viehwirtschaft lösen. Die Kaschmir-Gewinnung ist dabei der wichtigste Wirtschaftszweig, auch wenn die Nomaden im Vergleich zu den westlichen Kaschmirpreisen einen eher kleinen Gewinn erzielen. Filzprodukte aus Schafwolle sind in der Mongolei sehr populär und werden immer mehr in kleinen Kooperationen auch für Touristen hergestellt. Für die Nomaden ist es wichtig, mehrere wirtschaftliche Standbeine zu haben.
Das Nomadenleben ist fordernd. Die Ausgaben der mongolischen Nomaden müssen vor allem das Essen, Reisen zu anderen Standorten und Einkaufsmöglichkeiten, die Kleidung und die Bildung der Kinder abdecken. Kinder haben oft lange Schulwege und ab der Oberstufe leben die Nomadenkinder meist bei Verwandten oder in Internaten in der Stadt und kommen nur noch in den Ferien nach Hause.
Das abgelegene Schutzgebiet Great Gobi B ist bisher kaum touristisch erschlossen. Trotz der Abgeschiedenheit bietet diese Region jedoch zahlreiche Möglichkeiten für nationale und internationale Touristen. Sie lockt mit der grandiosen Weite dieses weltweit einzigartigen Ökosystems und einer malerischen, selbst innerhalb der Mongolei ursprünglichen Nomadenkultur. Ein sanfter Tourismus soll in den nächsten Jahren die Einkommensquellen der Lokalbevölkerung diversifizieren. Geplant sind Reisen, bei denen direkt bei Nomadenfamilien in Gastjurten übernachtet wird, um deren Alltag kennenzulernen. Durch exklusiv geführte Touren durch das Schutzgebiet und die angrenzende Pufferzone soll das Augenmerk der Gäste sowohl auf die besondere Artenvielfalt in dieser trockenen Landschaft gelegt werden, als auch auf die Ko-Existenz von Wild- und Nutztieren und deren Hütern.
Die ersten Reisen sind geplant und werden durch einen professionellen mongolischen Tour-Anbieter durchgeführt.
Zwei unterschiedliche Reisen werden angeboten:
1) Natur- und Kulturreise: Eine spannende Erlebnisreise zu den Urwildpferden und Nomaden in die Gobi B wartet auf Sie.
2) „Learning Wild“ Kurs: Dieser Kurs bietet eine einzigartige Möglichkeit, tief in die Welt der Takhi einzutauchen.
Der mongolische Staat setzt mit Vorschriften und dem Managementplan einen gesetzlichen Rahmen für die Schutzgebiete und erbringt bei deren Einhaltung finanzielle Leistungen.
Durch die direkte Demokratie der Mongolei können die lokalen Aimags, Bags und Sums die Naturschutzpolitik der Zentralregierung aufnehmen und in ihren Gebieten verwirklichen. Dies lässt den regionalen und lokalen Behörden wie auch der ITG einen weiten Spielraum und fordert gleichzeitig eine grosse Verantwortung: Alle sind aufgefordert, selbständig ihre Interessen zu verfolgen, die wichtigste Bedingung dabei ist aber, dass sie zum Schutz und zur Pflege des Schutzgebiets beiträgt.
Im Umfeld der Great Gobi B wird diese Demokratie intensiv gelebt. Die Parkadministration steht in regelmässigem Austausch mit den lokalen und regionalen Behörden. Bei grösseren Entscheidungen und Veränderungen werden lokale Meetings mit den Anspruchsgruppen organisiert, wo die Themen intensiv diskutiert werden, bis ein Konsens gefunden wird.
Seit 2018 studiert Lena Michler, wie sich die nomadische Nutzung der Gobi B mit deren Schutzzielen verträgt. Erste Erhebungen zeigen, dass viele örtliche Nomaden die Schutzziele unterstützen und eine noch weiter ausgebaute Zusammenarbeit mit der Parkadministration wünschen. Bereits heute informieren sie die Parkverantwortlichen, wenn sie aussergewöhnliche Vorkommnisse zu den Takhi und den Schutzbestimmungen beobachten. Auch Beobachtungen anderer Wildtiere in der Gobi B werden regelmässig gemeldet.
Das Bestreben der ITG ist es, den Austausch an Wissen und Fertigkeiten mit den mongolischen Partnern voranzutreiben, mit dem Ziel, das Projekt in Zukunft vollends in mongolische Hände zu übergeben und nur noch beratend und unterstützend zur Seite zu stehen.
Durch die vertieften Kontakte mit der Regierung und der regionalen und lokalen Bevölkerung ist dieses Vorhaben auf einem guten Weg. Sowohl die Parkadministration, wie auch das ITG-Büro in Ulaanbaatar übernehmen immer mehr strategische Aufgaben.
Ein Vertrag zwischen der mongolischen Regierung und der ITG regelt die Zusammenarbeit der beiden Partner bei der Weiterentwicklung der Great Gobi B SPA. Entsprechend eng und regelmässig ist der Austausch der ITG mit der Parkadministration, den lokalen und regionalen Behörden, aber auch mit der Zentralregierung in Ulaanbaatar, insbesondere mit dem Departement für Umwelt und Tourismus (MET).
Alle 10 Jahre erarbeitet die Parkadministration einen Managementplan, in welchem die Entwicklung und die Aktivitäten für eine weitere Periode festgelegt werden. Dieser wird vom zuständigen Ministerium begutachtet und es werden die Gelder für weitere Entwicklungsschritte gesprochen.
Die ITG leistet jeweils einen wichtigen Beitrag bei der Ausarbeitung des Managementplans. Dabei geht es auch darum, eine möglichst gute Zusammenarbeit und gegenseitige Ergänzung gemäss des Zusammenarbeitsvertrags und der ITG-Strategie zu erreichen.
Um das Verständnis für das Schutzgebiet zu verstärken, wurden in den lokalen und regionalen Schulen Eco-Clubs gegründet, in denen der Naturschutzgedanke vermittelt und durch Exkursionen vertieft wird. Ranger besuchen regelmässig Schulen und Organisationen, um über die Gobi B und die Herausforderungen zum Schutz des Ökosystems zu sprechen.
Die Parkverwaltung steht zudem in engem Austausch mit den Regierungen der einzelnen Verwaltungseinheiten wie Aimags, Sums und Bags.
Seit 1992 werden im Nationalpark Hustai Nuuru, westlich von Ulaanbaatar auf rund 600 km² ebenfalls Przewalskipferde wiederangesiedelt. Das holländische Ehepaar Inge und Jan Bowman etablierten gemeinsam mit der «Mongolia Association für the Conservation of Nature» ein vorbildliches Projekt. 2021 lebten dort rund 400 Takhi.
In Khomin tal, im Westen der Mongolei, leben weitere ca. 100 Tiere. Das Projekt wurde durch den WWF Frankreich initiiert und durch die Schweizerin Claudia Feh aufgebaut. Das Gebiet ist momentan noch eingezäunt, das Ziel der Verantwortlichen ist es aber, die Takhi in Zukunft in die Freiheit zu entlassen.
Die drei Wiederansiedlungsprojekte stehen in einem engen Informationsaustausch und treten bei politischen Anliegen teilweise gemeinsam auf. In den letzten Jahren wurden zudem Tiere zwischen den Projekten ausgetauscht, um die genetische Vielfalt zu erhöhen.
Eine vertiefte Zusammenarbeit besteht mit internationalen Organisationen wie der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), Schweiz und der Entwicklungsagentur der Tschechischen Republik.
Ebenso wird die Wiederansiedlung durch das Inland Norway University of Applied Sciences (INN) sowie die Nationale Universität der Mongolei begleitet.
Beim Bestreben eines transnationalen Schutzgebietes arbeitet die ITG mit der Akademie der Wissenschaften in Xinjiang / China zusammen.